125 Jahre Wormser Schachverein

(von Daniel Hendrich)

 

Im Jahre 1928 feierte der Wormser Schachverein sein 50-jähriges Bestehen. In den 50 Jahren davor trat man kaum einmal in die Öffentlichkeit. Das Vereinsleben spielte sich fast nur im Rahmen des Spielabends ab, der Ausdruck Kaffeehaus-Schach ist hier durchaus als richtig anzusehen. Denn neben diesen freien Partien gab es keinerlei schachliche Betätigung, etwa bei Vereinsmeisterschaften oder anderen Turnieren. Dies änderte sich erst Mitte der Zwanziger Jahre, als die sog. „Arbeitsgemeinschaft Mannheim-Ludwigshafen“ entstand. Der Wormser Schachverein und andere Vereine traten ihr bei; Ziele waren das Knüpfen von Kontakten und die regelmäßige Austragung von Freundschaftsspielen, da ein Ligaspielbetrieb zu dieser Zeit noch nicht durchgeführt wurde. Auf dieser Basis erfolgte dann 1928 der Eintritt in den Pfälzischen Schachbund.

 

Der unverkennbare Aufschwung des WSV in dieser Zeit ist eng verknüpft mit den Namen Lehrer König, Dr. Bachl und Karl Ripberger. Durch ihr Engagement gelang es, Verbindung zu anderen Vereinen herzustellen und außerdem auch viele neue Vereinsmitglieder zu gewinnen. Die wohl wichtigste Aufgabe fiel dabei dem 2. Vorsitzenden Dr. Ernst Bachl zu. Ihm oblag, was man damals noch Propaganda nannte, also die Öffentlichkeitsarbeit. Dr. Bachl, der auch selbst ein sehr starker Spieler und eine Größe in Sachen Schachunterricht war, schaffte es endlich, den WSV „in die Zeitung zu bringen“. Ab dem Jahre 1931 wurden regelmäßig Berichte abgedruckt; der dadurch erzielte Werbeeffekt muss sehr hoch eingeschätzt werden. So ist u. a. zu lesen von Freundschaftsspielen gegen Frankenthal, Grünstadt oder auch gegen die Oberrealschule Worms.

 

Zum ersten Mal wurde 1931/32 über eine Vereinsmeisterschaft berichtet, genannt „Winterturnier“. Über frühere Austragungen sind keine Aufzeichnungen zu finden gewesen. Gespielt wurde in drei Klassen, wobei sich der Sieger der 1. Klasse Klubmeister nennen durfte.

 

Sicherlich erwähnenswert ist die Tatsache, dass bereits damals mehrere Frauen das Vereinsleben bereicherten; auf Grund der zu dieser Zeit herrschenden Gesellschaftsverhältnisse und –strukturen wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Durch ihre Spielstärke tat sich besonders Frau Liesel Scherr hervor, die so manchen ihrer männlichen Mitstreiter das Fürchten lehrte.

 

 

Das Vereinslokal „Europäischer Hof“ im Jahre 1931

 

Das Jahr 1933 mit seinen grundlegenden politischen Umwälzungen (nationalsozialistische Machtergreifung) brachte auch für den Wormser Schachverein einige Veränderungen mit sich. Es ist an dieser Stelle nicht die Aufgabe des Chronisten, irgendwelche Bewertungen oder politische Statements zu äußern; vielmehr geht es darum, objektiv über das Vereinsleben zu berichten. Und unbestritten kann gesagt werden, dass – und dies gilt im Übrigen für fast alle Sportarten – der Spielbetrieb professioneller gestaltet wurde. Am deutlichsten zeigte sich dies in der Einführung von Mannschaftswettbewerben auf Bezirks- und Kreisebene sowie einer Kreiseinzelmeisterschaft. Der WSV war hierbei mit zwei Mannschaften vertreten und kämpfte gegen die Konkurrenz aus Ludwigshafen, Frankenthal, Bürstadt, Bensheim oder Pfeddersheim. Ein bedeutendes Ereignis des Jahres 1933 war die 1. Nationale Schachwerbewoche. Wie im ganzen Deutschen Reich präsentierte sich auch in Worms der örtliche Schachverein der Öffentlichkeit. Für den Wormser Schachverein brachte die Schachwerbewoche viel Arbeit mit sich. Durchgeführt wurden u. a. ein Meisterturnier, ein Jugendturnier, ein Blitzturnier mit 40 Teilnehmern, Simultanveranstaltungen von Dr. Bachl und Jacob Stuhlmiller sowie ein Problemlöse-Wettbewerb.

 

Natürlich geschah dies alles mit allzu eindeutigen Hintergedanken, betrachteten doch die neuen Machthaber Schach als „Wehrspiel“. Überhaupt ist es interessant zu verfolgen, wie sich die „Zeitungssprache“ veränderte: Es wurde nicht mehr von „Wettspielen“ gesprochen, sondern von „Großkämpfen“ oder „Massenkämpfen“. Viele Schachberichte endeten mit dem heute durchaus merkwürdig anmutenden Ausdruck „Schach-Heil“. Beispiel gebend sei hier wie folgt zitiert: „Deutsche spielt Schach, denn im Schachverein herrscht deutsche Gesinnung und das Schachspiel erzieht wie kein anderes Spiel Liebe zu Volk und Vaterland!“ Dass die erwähnte „deutsche Gesinnung“ auch den Ausschluss von Juden aus den Sportvereinen beinhaltete, darf keinesfalls vergessen werden und ist ein ganz trauriges Kapitel für jeden Verein. Im Reigen der Abertausenden von opportunistischen Vereinigungen, die den neuen Machthabern teilweise nur allzu willig folgten, bildete der Wormser Schachverein leider keine rühmliche Ausnahme.

 

Simultanveranstaltungen waren in dieser Zeit eine beliebte Abwechslung im Vereinsleben. Sie wurden regelmäßig durchgeführt, und der Zuschauerandrang war oftmals sehr reichlich. Die bedeutendste Veranstaltung dieser Art war sicherlich die Simultanvorstellung von Efim Bogoljubow im April 1935. Bogoljubow zählte zu den stärksten Spielern seiner Zeit, gewann eine Reihe von großen internationalen Turnieren und kämpfte einmal sogar gegen Alexander Aljechin um die Schachweltmeisterschaft. Dass es gelang, diesen Ausnahmekönner zu gewinnen, unterstreicht den Stellenwert, den der WSV besaß. Die Spielstärke des Vereins stand ohnehin außer Frage, gelang es doch nicht weniger als 13 Spielern – darunter fünf Frauen –, gegen den Meister ein Remis zu erreichen. Aber auch andere Koryphäen des königlichen Spiels gaben in Worms ihre Visitenkarte ab, so der russische Spitzenspieler Kirpitschnikoff, der deutsche Fernschachmeister Rogmann sowie die Herren Steinkohl, Emil Josef Diemer u. a. m.

 

Auch auf Verbandsebene konnte der WSV teilweise bedeutende Erfolge vorweisen. So stellte man beispielsweise 1935 das größte Teilnehmerkontingent für den Pfälzischen Schachkongress und gewann dort 1937 zwei Titel. Der Pfalzkongress Anfang Juni bildete traditionell das Ende des Schachjahres, denn man betrachtete Schach viel eindeutiger als Wintersportart, als dies heute der Fall ist. Um das entstehende „Sommerloch“ zu schließen, wurde im Wormser Schachverein das sog. Forderungsturnier durchgeführt. Dabei hatten die Spieler die Möglichkeit, die durch das Ergebnis des Winterturniers entstandene interne Rangliste zu verändern.

Das rege Vereinsleben des Wormser Schachvereins wurde auch durch sog. Propagandaspiele bereichert. Unter der Federführung von Dr. Bachl unternahm man Fahrten in die umliegenden Städte, Gemeinden oder auch Stadtteile von Worms, um dort Menschen für das Schachspiel zu begeistern. Diesem Ansinnen war durchaus Erfolg beschieden, was sich an den immer weiter steigenden Teilnehmerzahlen bei den Kreiseinzelmeisterschaften zeigte. Hieran nahmen immer mehr Spieler aus den Vororten teil und konnten den WSV-Akteuren oftmals Paroli bieten. Von Vereinsseite her wurde dieser Entwicklung Rechnung getragen, indem man das alljährliche Winterturnier auch für Nicht-Vereinsmitglieder öffnete; so entstand 1938 die Wormser Stadtmeisterschaft.

 

Im gleichen Jahr konnte der WSV seinen 60. Geburtstag feiern. Standesgemäß wurde eine Reihe von Jubiläumsveranstaltungen durchgeführt, beginnend mit einem 16-Städte-Vergleichskampf (!) an jeweils zehn Brettern. Über 200 Schachspieler versammelten sich im Mozartsaal des Festhauses und kämpften um den Sieg. Die Städtevertretungen waren in zwei Teams geteilt, Mittelrhein und Pfalz. Die „Mittelrheiner“ mit Spielern aus Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Rüsselsheim und Darmstadt siegten am Ende mit 57,5:44,5. Neben dem eigentlichen Wettkampf gab es ein großes Festbankett sowie eine Stadtführung, bei der u. a. der Backfischfest-Umzug bestaunt wurde.

 

Des Weiteren wurden 1938 wieder mehrere große Simultanveranstaltungen abgehalten, bei denen sich die Meister Lissé und Steinkohl den Wormsern stellten. Zum Vereinsjubiläum passend, gelang der ersten Mannschaft des Wormser Schachvereins in diesem Jahr der Aufstieg in die Gauklasse. Diese war damals – als es noch keine landesweiten Meisterschaften gab – die höchste Spielklasse, mit Vereinen aus Ludwigshafen, Kaiserslautern und Pirmasens.

 

 

Der Mozartsaal des Festhauses             (Wormser Tageszeitung 4. 9. 38)

 

Doch dann kam das Jahr 1939, der Zweite Weltkrieg warf zunächst seine Schatten voraus und wurde schließlich am 1. September Wirklichkeit. Man darf davon ausgehen, dass das Schachleben in Worms nicht schon unmittelbar nach Kriegsbeginn zum Erliegen kam. In den Zeitungen wurde jedoch seit Juli 1939 nicht mehr über den WSV berichtet. Durch die Umstellung der deutschen Wirtschaft auf die Kriegsbedürfnisse wurde an vielem gespart, gerade an Papier. Und die Schachberichte erschienen den Redakteuren gleich zu Beginn als entbehrlich. So ist es heute nicht mehr möglich festzustellen, inwieweit und wie lange der Wormser Schachverein im Krieg weitergeführt wurde, ob Turniere oder Freundschaftskämpfe stattfanden usw.

 

Fest steht, dass der WSV – wie alle Sport- und sonstigen Vereine – 1945 von den Besatzungsbehörden aufgelöst und verboten wurde. Erst nach und nach wurden wieder neue Vereine zugelassen; einer der ersten war der FC Blau-Weiß Worms. Diesem – eigentlich reinen Fußballverein – gliederte sich im Juli 1947 eine Schachabteilung an, bestehend aus vielen Mitgliedern des ehemaligen WSV. Man war froh, endlich eine Heimstätte gefunden zu haben und den regelmäßigen Spielbetrieb aufnehmen zu können. Die Vereinsmeisterschaft wurde wieder durchgeführt, ebenso wie Vergleichskämpfe mit Städten aus der Umgebung. Als „Schachabteilung des FC Blau-Weiß Worms“ trat man 1948 wieder dem neu gegründeten Pfälzischen Schachbund bei. Von Anfang an nahm der WSV seine vor dem Krieg innegehabte Stellung an der Spitze erneut ein. Regelmäßig entsandte man Spieler zum Pfälzischen Schachkongress sowie zu Vergleichskämpfen mit Vertretungen aus Hessen, Baden oder vom Mittelrhein. Der internationale Meisterspieler Lissé (oftmals unter dem Pseudonym „Wormatius“ auftretend) gab mehrere Simultanveranstaltungen und wirkte zeitweilig auch als Schachtrainer. Erstmalig in der Vereinsgeschichte wurde nun auch spezielles Jugendtraining angeboten. Ein bemerkenswerter Coup gelang dem Wormser Schachverein im September 1950: Der weithin bekannte deutsche Großmeister Jacques Mieses konnte für eine Simultanvorstellung an zwanzig Brettern gewonnen werden und demonstrierte im Alter von 85 Jahren allerhöchste Schachkunst.

 

Trotz aller Erfolge wurden immer mehr Stimmen laut, die eine Wiedergründung des Wormser Schachvereins unter seinem ursprünglichen Namen forderten. Auf der Generalversammlung des FC Blau-Weiß im Jahre 1951 wurde dies beschlossen; und die Schachabteilung wurde mit Wirkung vom 1. April als „Wormser Schachverein von 1878“ selbstständig. 1. Vorsitzender wurde Heinrich Kiefer senior, ihm zur Seite standen die beinahe schon legendären Persönlichkeiten Lehrer König und Dr. Bachl. Die Neugründung geschah nicht zuletzt mit Hinblick auf das anstehende Jubiläum im Jahre 1953. In den zwei Jahren bis dahin sollte sich der Verein weiter prächtig entwickeln. Besonders zu erwähnen ist sicherlich die Gründung einer Damenabteilung innerhalb des Vereins Anfang 1953.

 

„Worms im Zeichen des königlichen Spiels“ – so lautete die Schlagzeile des Wormser Monats-Spiegels anlässlich der Schach-Festwoche vom 10. bis 17. Mai 1953. In ihrem Rahmen wurde auch der Pfälzische Schachkongress durchgeführt; zum ersten Mal in seiner Geschichte also nicht in der Pfalz, sondern in Rheinhessen. Es war für den WSV eine wahre Herkules-Aufgabe, Meisterturnier, Jugendturnier, Damenturnier, Blitzturniere, einen Problemlösewettbewerb sowie mehrere Simultanveranstaltungen auszurichten. Hinzu kam noch ein Länderkampf Pfalz – Hessen, den die hessische Auswahl für sich entscheiden konnte. Sämtliche Turniere verliefen reibungslos und waren ausgezeichnet organisiert. Für den WSV errang Pia Kiefer die pfälzische Damenmeisterschaft; Adam Müller wurde Zweiter im Hauptturnier. Das Rahmenprogramm außerhalb der eigentlichen Wettkämpfe war ebenfalls aller Ehren wert. Neben einem grandiosen Festabend gab es eine Stadtführung mit Lehrer Dr. Illert, über die noch Jahre danach in den höchsten Lobestönen gesprochen wurde. Von vielen Seiten wurde dem Wormser Schachverein danach bescheinigt, den besten Pfalzkongress aller Zeiten ausgerichtet zu haben. Es war ein wahrhaft würdiger Rahmen für die Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Vereins.

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Siegerehrung des Jugendturniers beim Pfalzkongress 1953.         Foto: privat

 

Nur zwei Jahre nach seiner Wiedergründung hatte sich der WSV endgültig in alter Größe etabliert und blickte hoffnungsvoll in die Zukunft. Diese Zukunft sollte sich in den kommenden Jahren außerordentlich positiv gestalten.

 

So qualifizierte sich Pfalzmeisterin Pia Kiefer für die Deutschen Damenschachmeisterschaften, bei denen sie einen guten Mittelplatz belegen konnte. Überhaupt war das pfälzische Damenschach in den 50er Jahren fest in Wormser Hand – Pia Kiefer und Liesel Scherr machten die Meisterschaften beinahe jährlich unter sich aus; und bei den Deutschen Meisterschaften erreichten sie regelmäßig Platzierungen unter den ersten Zehn.

 

Die Damen bewährten sich nicht zuletzt auch in den Mannschaftskämpfen auf Pfalz-Ebene. Hier gelang der ersten WSV-Mannschaft 1956 der Aufstieg in die Pfälzische Landesklasse. Nach mehreren zweiten Plätzen in den Vorjahren war man nun in der damals höchsten Spielklasse (vergleichbar mit der alten Fußball-Oberliga) angelangt.

 

Eine große Zäsur in der Vereinsgeschichte der 50er Jahre bedeutete die Einführung der „Wormser Königsspiele“. Die Königsspiele sind untrennbar mit ihrem Initiator Hubert Teupe – heutiger Ehrenpräsident des WSV und des Schachbundes Rheinhessen – verbunden. Bei der ersten Austragung im Jahre 1956 – wie in den folgenden Jahren immer zur Zeit des Backfischfestes – bestanden sie aus einem Jugendturnier, der Stadtmeisterschaft, einem Einzel- sowie einem großen Mannschaftsblitzturnier, an dem sich insgesamt 24 Teams beteiligten. Die Königsspiele wurden bald ein fester Bestandteil auch des überregionalen Schachkalenders und sahen mehrere internationale Großmeister am Start, die oftmals stark besuchte Simultanvorstellungen gaben.

 

Dass ein Jugendturnier am Beginn der Veranstaltungen stand, war keineswegs zufällig. Denn der Wormser Schachverein betrieb in dieser Zeit erstmals eine zielgerichtete Jugendarbeit, die schon bald entsprechende Erfolge zeitigte. Sehr rasch gelang es, etwa 25 junge Schachfreunde für den Verein zu gewinnen; wiederum unter Führung des unermüdlichen Dr. Bachl, der sich nochmals in den Dienst des WSV stellte. Auch Hubert Teupe zeigte sich hier sehr engagiert, wurde er doch 1961 zum Jugendwart des Pfälzischen Schachbundes gewählt.

Wollte man am Ende der 50er Jahre eine Bilanz aufstellen, sähe diese außerordentlich positiv aus:

 

-          erste Mannschaft in der höchsten Spielklasse

-          regelmäßige Teilnahme von WSV-Spielerinnen an der DM

-          ein deutschlandweit bekanntes Turnier

-          eine große Jugendabteilung

-          führende Rolle bei Kreis- und Bezirksmeisterschaften.

 

Die Mitglieder des Wormser Schachvereins konnten eingedenk der obigen Auf­zählung wahrlich stolz auf die geleistete Arbeit sein und hatten allen Grund, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.

 

Zu Beginn der 60er Jahre blieb der WSV durch Liesel Scherr weiterhin dominierende Kraft im Pfälzischen Schachbund. Auf Seiten des vermeintlich starken Geschlechts traten allmählich neue Akteure in den Vordergrund. Prägend für diese neue Zeit waren vor allem Namen wie Günther Nikulski, Benno Jastroch oder Lothar Keller. Erstgenannter belegte beim Schachkongress 1961 in Speyer den zweiten Platz im Meisterturnier, die beste Platzierung, die bis dato ein Wormser Spieler erringen konnte. Überhaupt war das Jahr 1961 ein überaus erfolgreiches. Wieder einmal war es gelungen, in Person von Ex-Weltmeister Wassili Smyslow und Großmeister Mark Taimanow echte „Hochkaräter“ für eine Simultandoppelveranstaltung an 77 Brettern zu gewinnen; ein Jahr später sollte Wolfgang Unzicker folgen. Ein großer öffentlichkeitswirksamer Coup gelang Hubert Teupe, auf dessen Anfrage hin das Deutsche Fernsehen eine Reportage über die Königsspiele sendete. Fernsehberichte über dieses Turnier sollten in den folgenden Jahren zur Regel werden. Quasi gekrönt wurde dies alles durch den Aufstieg der 1. Mannschaft in die Meisterklasse und die erstmalige Eintragung in das Vereinsregister: Aus WSV von 1878 wurde WSV von 1878 e.V.

 

 

Impressionen von den Königsspielen 1961                         Foto: privat

 

Die nächsten Jahre standen im Zeichen einer Konsolidierung auf hohem Niveau. Zwar musste die erste Mannschaft 1964 die Meisterklasse (vergleichbar mit der heutigen Oberliga) verlassen, schaffte im darauf folgenden Jahr aber den direkten Wiederaufstieg. Vereins- und Stadtmeisterschaften – seit 1958 war auch noch ein Pokalturnier mit der Wormser Zeitung als Namensgeber und Pokalstifter hinzugekommen – waren regelmäßig hart umkämpft, als dominierender Spieler tat sich immer stärker Joachim Kullmann hervor, gefolgt von den Jungtalenten Peter Bender und Rudolf Benninger sowie bewährten Kräften wie Jastroch, Keller und Nikulski. Die drei letztgenannten halten dem WSV bis auf den heutigen Tag die Treue und sind aktiv am Vereinsleben beteiligt, sei es als Spieler oder Ratgeber in vielen Fragen.

 

Im Bewusstsein, dass nur eine energisch vorangetriebene Jugendarbeit den Verein langfristig erhalten kann, wurde selbige immer wieder gefördert. Spitzenspieler Joachim Kullmann bot daher in den Wintermonaten regelmäßige Trainingsstunden an, die sich immer sehr guten Besuchs erfreuten. Die Jugendspieler wurden in den folgenden Jahren mehr und mehr zu Stützen in den Mannschaftskämpfen des WSV und verhalfen der ersten Mannschaft, sich Ende der 60er Jahre wieder in der Regionalliga Pfalz zu etablieren. Bald kam es dann auch zur Bildung einer Jugendgruppe. Kontinuität wurde auch und gerade in der Vorstandsarbeit geleistet. Mit einer kurzen Unterbrechung führte Heinrich Kiefer sr. den Verein seit 1951; bei den Jahreshauptversammlungen wurden er und seine Vorstandschaft regelmäßig mit großen Mehrheiten in ihren Ämtern bestätigt.

 

 

Rauchende Köpfe bei den Stadtmeisterschaften 1966        Foto: privat

 

Das Jahr 1968 stand dann ganz im Zeichen des 90-jährigen Vereinsbestehens, anlässlich dessen der Wormser Schachverein wieder den Pfälzischen Schachkongress ausrichtete. Zuvor fand in der Wormser Jugendherberge die Pfälzische Jugendeinzelmeisterschaft statt; WSV-Spieler konnten sich hier noch nicht entscheidend in Szene setzen. Beim Pfalzkongress sollte dies allerdings ganz anders werden: Im Meisterturnier lieferten sich der Wormser Wolfgang Jäger und der Frankenthaler Oskar Rahn ein totes Rennen. Erst in der vierten (!) Entscheidungspartie musste Jäger sich schließlich geschlagen geben. Den Damentitel errang einmal mehr Liesel Scherr, die auch mit ihren inzwischen 61 Jahren auf der pfälzischen Ebene nahezu konkurrenzlos war.

Ein Jahr später sollte Wolfgang Jäger – ununterbrochener Stadtmeister von 1966 bis 1969 – es noch besser machen. In Kaiserslautern gewann er als erster Spieler des Wormser Schachvereins das Meisterturnier. Überhaupt war der 38. Pfalzkongress aus Wormser Sicht der erfolgreichste aller Zeiten. Neben Liesel Scherr, die ihren insgesamt zehnten Titel errang, konnte sich auch Vereinsvorsitzender Heinrich Kiefer sr. in die Siegesliste eintragen: Er gewann das offene Seniorenturnier.

 

 

Stichkampf um die Pfalzmeisterschaft          (Wormser Zeitung 14. 9. 1968)

 

Für die Wormser Schachlandschaft brachte das Jahr 1969 noch eine einschneidende Änderung: Der ESV Worms bildete eine Schachabteilung und trat schon in der folgenden Saison zu Mannschaftskämpfen an. Vornehmlich bestand die Abteilung aus Eisenbahnern, doch auch WSV-Spieler wie Benno Jastroch schlossen sich ihr an. In der Folgezeit entwickelte sich eine ernste aber doch stets freundschaftlich-sportliche Konkurrenz zwischen beiden Vereinen.

 

„Schachverein ohne Nachwuchssorgen“, so lautete die Schlagzeile der Wormser Zeitung vom 6. November 1971. Und das anbrechende Jahrzehnt sollte in der Tat von der Schachjugend maßgeblich mitgeprägt werden. Beim alljährlich durchgeführten Jugendturnier siegte der damals 15-jährige Gregor Werner zum ersten Mal. Es sollte nur vier weitere Jahre dauern, bis Werner erstmals Vereinsmeister werden konnte. Die Jugendspieler kamen meist in der dritten Mannschaft zum Einsatz, die mit Vereinen aus Roxheim, Eisenberg, Frankenthal, Herrnsheim oder Kirchheimbolanden in der Bezirksklasse Nordost um Punkte kämpfte. Die zweite Mannschaft war inzwischen in die Landesklasse Ost aufgestiegen, nur eine Spielklasse unter der Regionalliga Pfalz. Die Stadtmeisterschaften – mittlerweile regelmäßig in der Bahnhofsgaststätte stattfindend – erfreuten sich einer stets steigenden Teilnehmerzahl; 1972 war man bereits bei 32 Startern angelangt.

 

 

von links nach rechts: Porr jr., Kiefer sr., Kullmann, Keller, Tischer, Nikulski,

Kiefer jr., Benninger, Herrmann. Stehend: Bertz und Walter         (WZ 16. 3. 1973)

 

Die auf dem Foto abgebildeten elf Herren schafften in der Saison 1972/73 den Aufstieg in die damals höchste deutsche Spielklasse, die Oberliga Saar-Pfalz. Gegen Vereine wie St. Ingbert, Frankenthal, Miesenbach, Neustadt, Ludwigshafen und Saarbrücken wurde in der ersten Saison ein ehrenvoller sechster Platz erreicht; Gregor Werner gehörte nun schon zu den Leistungsträgern. Folgerichtig war er 1974 nach dem Gewinn der Pfälzischen Jugendmeisterschaft der erste männliche WSV-Akteur, der sich für eine Deutsche Meisterschaft qualifizierte. Liesel Scherr hatte zuvor schon mehrfach an der Deutschen Damenmeisterschaft teilgenommen. Der größte Erfolg war ihr dabei im Jahre 1965 beschieden, als sie den dritten Platz belegte.

 

Aber auch die Senioren des Wormser Schachvereins zeigten ihr Können, so z. B. beim Schachkongress 1975 in Bad Dürkheim. Im Seniorenturnier belegte Heinrich Kiefer sr. den zweiten Rang, gefolgt von der fast achtzigjährigen Schachlegende Dr. Ernst Bachl, dem es aber auf Grund von heute nur noch schwerlich nachvollziehbaren persönlichen Streitigkeiten verwehrt wurde, sein großes Jubiläum zusammen mit seinen Vereinskameraden zu begehen. Doch mag es sich der Chronist an dieser Stelle nicht anmaßen, über Geschehnisse und Personen zu urteilen, die er nur aus Schriftstücken und Erzählungen kennt.

 

Wichtige Schriftstücke in der Vereinsgeschichte bildeten die Mitgliederrundschreiben, genannt „WSV Kontakt“. Beginnend im Jahre 1972 wurden die Vereinsmitglieder alle zwei Monate über das Vereinsgeschehen umfassend informiert. Enthalten waren Ergebnisse aus Mannschaftskämpfen und Turnieren, Geburtstage, Ehrungen, eine von Gregor Werner betreute Problemschachecke sowie Neuigkeiten aus der Schachwelt. Verantwortlicher Alleinredakteur war Heinz Kiefer jr., zeitweise unterstützt von Oswald Götzenbrucker. Im Jahre 1976 war dort wohl zum ersten Mal der Name eines damals 12-jährigen Talents namens Thomas Steinkohl zu lesen, der gerade Schüler-Bezirksmeister geworden war. Zusammen mit Gregor Werner sollte er wenige Jahre später die jugendliche „Doppelspitze“ des Wormser Schachvereins bilden. Zunächst sollten jedoch noch die vermeintlich „Alten“ ihre Rolle spielen, wenn auch eher im zweiten Glied. Der inzwischen fast 70-jährige Heinrich Kiefer sr. trat 1976 von seinem Amt als Spielleiter des Schachbezirks I (Nordost) zurück und setzte in den folgenden Jahren seine ganze Kraft für den WSV ein.

 

Eine Kraftprobe der ganz besonderen Art hatte in einem Oberligakampf der ersten Mannschaft Karlfried Bertz zu bestehen. Seine Hängepartie gegen Pirmasens erstreckte sich über sage und schreibe 12 Stunden und 150 Züge! In der heutigen  Zeit, da nur noch die Rede von Bedenkzeitverkürzung ist, wird man solch eine Anekdote kaum noch erzählen können.

 

Die Augen aller Vereinsmitglieder waren bald auf das anstehende große Jubiläum gerichtet, galt es im Jahre 1978 doch, das 100-jährige Bestehen des Wormser Schachvereins zu feiern. Unter dem Motto „Mit Schachaktivität ins Hundertjährige“ sollten die Feierlichkeiten begangen werden. Schon fast traditionell war der Wormser Schachverein Ausrichter des 47. Pfälzischen Schachkongresses. Die „Wormser Zeitung“ sprach von einer „Mammut-Schachveranstaltung“, zu der sich über 200 Teilnehmer einfanden – eine bis dato nie erreichte Zahl. Viele der Wormser Spieler konnten sich in den verschiedenen Turnieren im Vorderfeld platzieren und sorgten somit für standesgemäße Ergebnisse. Dazu passend wurde die erste Mannschaft nach ihrem Abstieg Regionalliga-Meister, scheiterte dann jedoch in den Aufstiegsspielen zur Oberliga. Die zweite Mannschaft konnte im Jubiläumsjahr die Klasse halten, ebenso die dritte und vierte. Einen besonders wertvollen Titel errang 1978 WSV-Spieler Lothar Keller: Im pfälzischen Deidesheim wurde er Deutscher Bundesbahn-Meister und ließ dabei mehrere Bundesligaspieler hinter sich; wahrlich eine große Leistung. Zum Jahresausklang wurde ein großer Jubiläumsabend veranstaltet. Neben Dr. Bachl – er wurde zum WSV-Ehrenvorsitzenden ernannt – erhielt Heinrich Kiefer sr. eine angemessene Auszeichnung: Die Ehrennadel des Schachbundes Rheinland-Pfalz.

 

 

 

Jugendtraining anno 1976: vorne rechts Thomas Steinkohl, im Hintergrund

Schachlehrer Jürgen Kreisel.                          (Wormser Zeitung 21. 1. 1976)

 

Gegen Ende des Jahrzehnts kam es in der „Schachlandschaft“ zu einer bedeutenden Veränderung. Unzufrieden mit der stiefmütterlichen Behandlung durch den Pfälzischen Schachbund – vor allem die Termingestaltung war ein ständiger Streitpunkt –, gründeten die Vereine SV Worms 1878 e.V., ESV Worms, Königsspringer Worms und SV Pfeddersheim im Oktober 1979 den Schachbund Rheinhessen. Kurz darauf schlossen sich auch andere Schachklubs an, u. a. der neu gegründete SV Alzey. Der erste Schachkongress des SBRhh wurde 1980 in Worms ausgetragen, die „Lokalgrößen“ konnten sich in allen Turnieren durchsetzen. Zwei Jahre später fanden auch die Vereine aus dem sog. UV 8, d. h. dem Raum um Bingen, Mainz und Ingelheim, ihren Weg zum Schachbund Rheinhessen. Auf einer außerordentlichen Generalversammlung wurden mehrere Vereine aufgenommen.

 

Der große Mitgliederzuwachs am Ende der 70er Jahre veranlasste den Wormser Schachverein, dienstags einen zweiten Spielabend einzuführen, an dem vornehmlich das Training stattfinden sollte, u. a. durchgeführt von Thomas Steinkohl und dem inzwischen 84-jährigen Dr. Ernst Bachl. Eine neue Form des Schachtrainings wurde vom 2. Vorsitzenden Hubert Teupe in die Wege geleitet. Über mehrere Jahre platzierte er Schachkurse für alle Altersgruppen an den Volkshochschulen in Worms und Alzey. So manches spätere Vereinsmitglied kam hier erstmals in Kontakt mit dem Königlichen Spiel. In seiner Funktion als 1. Vorsitzender sorgte Teupe auf Rheinhessenebene dafür, dass bald ein eigenständiger Spielbetrieb aufgenommen wurde. Ausgenommen davon blieb lediglich die erste WSV-Mannschaft, die wieder in die Oberliga Südwest aufgestiegen war.

 

1981 wurde mit Unterstützung der Firma „Rheinmöve“ eine traditionelle Schachveranstaltung wiederbelebt: Während des Backfischfestes kämpften nun wieder Vierermannschaften in einem Blitzturnier um Pokale und Preise; die Wormser Königsspiele waren aus ihrem 20-jährigen „Dornröschenschlaf“ erwacht. An dieser „zweiten Premiere“ war Heinrich Kiefer letztmals in seiner Eigenschaft als 1.Vorsitzender beteiligt. Von einer kurzen Unterbrechung abgesehen stand Heinrich Kiefer 31 Jahre lang an der Spitze des Wormser Schachvereins. Die großen Leistungen des 74-Jährigen würdigte Hubert Teupe, der von der Mitgliederversammlung zum neuen „ersten Mann“ gewählt wurde und seinen Vorgänger sogleich zum Ehrenvorsitzenden ernannte. Ebenfalls beschlossen wurde die Ausrichtung eines „Heinrich-Kiefer-Pokalturnieres“.

 

Am 11. Februar 1982 verstarb im Alter von 86 Jahren Dr. Ernst Bachl. Schachfreunde aus Nah und Fern trauerten um den „Schachprofessor“ und Ehrenvorsitzenden des WSV. In Ehren gehalten wurde er vor allem in der Wormser Stadtbibliothek, die als Vermächtnis einen wahren Schatz von 702 Büchern entgegennehmen konnte. Mit Dr. Ernst Bachl verlor der Wormser Schachverein nicht nur seinen Ehrenvorsitzenden, sondern auch einen Mann, der sich Zeit seines Lebens mit Leib und Seele dem Königlichen Spiel verschrieben hatte. Ganz „nebenbei“ war er auch fünf Jahrzehnte lang praktizierender Arzt, von Kollegen und Patienten gleichermaßen geachtet und geschätzt.

 

 

Heinrich Kiefer sr. (l.), nach 31 Jahren als WSV-Vorsitzender von

Nachfolger Hu­bert Teupe geehrt.    (Wormser Zeitung 8. 12. 1981)

 

Die Simultanschach-Freunde kamen 1982 gleich dreifach auf ihre Kosten: Neben den Schachgrößen Janos Flesch (Ungarn) und Salo Flohr (Polen) gab auch der 74-jährige deutsche Meisterspieler Emil Josef Diemer seine Visitenkarte ab. Großmeister Flesch wurde bei dieser Gelegenheit als Verstärkung für die Oberliga-Mannschaft verpflichtet, kam jedoch wenige Monate später bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Der absolute Höhepunkt sollte dann ein Jahr später folgen, als es dem unermüdlichen Hubert Teupe gelang, den amtierenden Schachweltmeister Anatoli Karpov für eine Simultanveranstaltung im Rahmen der Wormser Königsspiele zu gewinnen. Im Mozartsaal trat Karpov gegen 20 Gegner an, die zum Teil aus Berlin, Essen oder Stuttgart angereist waren. Der Wormser Thomas Steinkohl ließ sich vom „Regenten auf dem Schachthron“ (Zitat aus der „WZ“) nicht beeindrucken und erkämpfte ein Remis gegen den scheinbar übermächtigen Gegner. Karpov zeigte sich dann auch beim anschließenden Rundgang über das Backfischfest von seiner charmantesten Seite und hinterließ bei den Wormser Schachfreunden einen bleibenden Eindruck. Und zwar nicht zuletzt deshalb, da er es sich nicht nehmen ließ, die Ehrenmitgliedschaft im Wormser Schachverein anzunehmen. Einen waschechten Weltmeister konnten und können wahrlich nicht viele Schachvereine in ihren Reihen aufweisen! Von den zahlreichen Kiebitzen beim Simultanspiel fanden in der Folgezeit einige den Weg zum WSV und halfen mit, die 100-Mitglieder-Grenze nun deutlich zu überschreiten.

 

 

  

links: Schachweltmeister Anatoli Karpov und Hubert Teupe auf dem Backfischfest;

rechts: Emil Josef Diemer in seinem Element.    (WZ 30. 11. 1982 und 31. 8. 1983)

 

Innerhalb weniger Jahre war es der neuen Vorstandschaft gelungen, die Mitgliederzahl durch aktive Vereinsarbeit mehr als zu verdoppeln. Ein unerreichter Teilnehmerrekord – 425 Spieler in fünf Turnieren – bei den Königsspielen 1983, die Simultangastspiele von Flohr, Diemer, Kortschnoi und natürlich Karpov, dies und noch viel mehr schienen auf eine nahezu goldene Zukunft hinzudeuten. Passend dazu drang Gregor Werner im Dähne-Pokal auf der Bundesebene bis ins Halbfinale vor und musste sich erst dort dem Münchner Bundesliga-Spieler Gerald Hertneck geschlagen geben. Der größte Schachverein in ganz Rheinland-Pfalz konnte für die Saison 1983/84 sage und schreibe sieben Mannschaften für den Spielbetrieb anmelden. Diese Zahl blieb bis zur Spielzeit 2003/2004 unerreicht.

 

Auch wenn es zur damaligen Zeit nicht den Anschein hatte, so hatte der Wormser Schachverein doch mit dieser Bilanz seinen Zenit erreicht. Eben auf diesem Gipfel wollte Hubert Teupe die Vereinsführung in jüngere Hände übergeben und wurde 1985 durch Dr. Domenico Sabattini ersetzt. Dieser trat jedoch nach nur einem Jahr wieder zurück, so dass der inzwischen 70-jährige Teupe wieder „ans Ruder“ kam. Seine zweite Amtsperiode sollte allerdings bei weitem nicht so erfolgreich verlaufen, vielmehr kriselte es in den Folgejahren beim Wormser Schachverein teilweise bedenklich. Innerhalb kurzer Zeit verlor der WSV mehr als 30 Mitglieder, die erste Mannschaft musste die Oberliga Südwest verlassen und auch die Vereinsturniere litten unter schwächerer Beteiligung. Daran konnte auch die „AG der Wormser Schachgemeinschaften“ nichts ändern, die aus den Vereinen SV Worms 1878 e.V., ESV Worms, Königsspringer Worms, SV Pfeddersheim und SC Schachmatt Pfeddersheim gebildet wurde. Auf Grund diverser Streitigkeiten war ihr kein dauerhafter Erfolg beschieden. Auch die weiterhin erfolgreichen Königsspiele – 1985 war Vlastimil Hort einer der Stargäste – konnten darüber nicht hinwegtäuschen.

 

Kuriosum am Rande: Im Teilnehmerfeld der Stadtmeisterschaft 1985 befand sich etwas, was man damals noch recht umständlich als „Mikroschachcomputer“ bezeichnete. Unter 25 Teilnehmern belegte er (es) mit drei Punkten den 18. Platz.

 

 

Halbfinale im Dähne-Pokal 1984: Gerald Hertneck (FC Bayern München) gegen

Gregor Werner (SV Worms 1878 e.V.)                 (Wormser Zeitung 13. 2. 1984)

 

Dass das Schachspiel auch völkerverbindende Wirkung hat, bewies der Wormser Schachverein im September 1985: Zwei Dutzend WSV-ler reisten in die Partnerstadt Auxerre zum dortigen Schachclub „La Dame Blanche“ (die weiße Dame). Dort und beim Gegenbesuch ein Jahr später wurden herzliche freundschaftliche Bande geknüpft, u. a. durch einen Besuch auf dem Backfischfest.

 

In der Saison 1987/88 musste die erste Mannschaft die Rheinland-Pfalz-Liga verlassen; zum ersten Mal seit über 20 Jahren war der Wormser Schachverein damit nicht mehr überregional vertreten. Auch einige andere WSV-Teams konnten den Abstieg nicht verhindern. Grund dafür waren ständige Umbesetzungen, resultierend daraus, dass immer weniger Aktive am Spielabend teilnahmen; die Mitgliederliste verzeichnete mehr und mehr „Karteileichen“. Ein weiterer Punkt, der den WSV so in die Krise rutschen ließ, war die ständige Suche nach einem dauerhaften Spiellokal. In den 80er Jahren wurden wohl nahezu ein Dutzend verschiedener Domizile aufgesucht, eine Heimat für längere Zeit jedoch nicht gefunden. Weder in der Neusatz-Schule, noch im Naturfreundehaus, bei der Lebenshilfe, im „Schachkeller“ in der Wollstraße oder im Clubhaus des VfR Wormatia Worms wurden die Schachspieler heimisch.

 

 

stehend rechts: Großmeister Viktor Kortschnoi in Aktion.      (WZ 29. 8. 1984)

 

Der Verein litt auch und gerade an innerer Unruhe, zum Ausdruck gebracht durch teilweise chaotisch verlaufende Mitgliederversammlungen und einer immer größer werdenden Unlust vieler Spieler. Quasi folgerichtig wurden die Stimmen nach einem neuen Schachverein deutlich hörbar. Da von Seiten des Vorstandes dem nichts ernsthaft entgegengesetzt wurde – man versuchte stattdessen, durch teilweise sehr hohe Antrittsprämien für Starspieler wenigstens die Königsspiele am Leben zu erhalten – wurde dies auch bald Realität: Im Mai 1989 wurde der Schachclub Schwarz-Weiß Worms aus der Taufe gehoben; nach dem Verschwinden von „Königsspringer“ einige Jahre zuvor stritten nun also wieder drei Vereine um die Vorherrschaft im Stadtgebiet. Die Mitglieder von SW Worms waren fast ausschließlich prominente WSV-ler, die ihrem Verein aus Unzufriedenheit den Rücken gekehrt hatten. Es waren dies so prominente Namen wie Dr. Ferbert, Dr. Sabattini, Olaf Nazarenus, Liesel Scherr, Werner Bischoff und vor allem Heinz und Heinrich Kiefer. Beim Vereinswechsel des WSV-Ehrenvorsitzenden Kiefer kam es zu einem unwürdigen Schauspiel, welches auch heute noch ein wahrlich schlechtes Licht auf die damals Verantwortlichen wirft. Unter fadenscheinigen Gründen verweigerte der WSV-Vorstand die Herausgabe des Spielerpasses und verwehrte Heinrich Kiefer somit die Teilnahme an jeglicher Art von Schachwettkämpfen. Erst nach langwierigen Schriftwechseln – Strafandrohungen und verleumderische Aussagen von beiden Seiten eingeschlossen – konnte der Mann, der den Wormser Schachverein über 30 Jahre lang geführt hatte, wieder aktiv werden.

Somit war der Wormser Schachverein im Jahre 1990 gleich in mehrfacher Hinsicht an einem Tiefpunkt angelangt: Die erste Mannschaft war inzwischen in der 2. Rheinhessenliga gelandet; ganze drei Teams konnten noch zum Spielbetrieb angemeldet werden. Durch die Vereinsneugründung war ein dramatischer Mitgliederschwund zu verzeichnen, der Kassenlage war dies ebenso abträglich wie dem Vereinsleben an sich. Zum ersten Mal in seiner Geschichte war der WSV für kurze Zeit nur die Nummer zwei in Worms, eindeutig überholt von den Eisenbahnern und hart bedrängt vom Schachclub Schwarz-Weiß.

 

 

     

Siegerehrung bei den Jugendstadtmeisterschaften 1986    (WZ 25. 11. 1986)

 

Einen der wenigen Lichtblicke – der andere war der Gewinn des Senioren-Rheinland-Pfalztitels durch Hubert Teupe – stellte die Jugendabteilung dar, aus der sich Namen wie Patrick Boos, Torsten Dauenheimer oder Dirk Niekisch hervortaten. Dennoch musste dringend etwas unternommen werden, um den jahrelangen Abwärtstrend aufzuhalten und umzukehren. Und für dieses Ansinnen fanden sich zu Beginn der 90er Jahre nach und nach die notwendigen Kräfte. Zu nennen sind hier vor allem die Namen Patrick Boos, Ulrich Krüger und Frank Schäfer. Ersterer kümmerte sich – obwohl selbst kaum aus diesem Alter entwachsen – um die Jugendarbeit im Wormser Schachverein. Denn diese lag trotz der oben erwähnten Namen doch ziemlich brach.

Ein Macht- und Generationswechsel, durch die offenkundigen Schwierigkeiten des Vereins notwendig geworden, zeichnete sich ab und wurde 1994 dann auch Realität: Im Alter von 78 Jahren trat Hubert Teupe von seinem Amt als 1. Vorsitzender des Wormser Schachvereins zurück. Nach einem kurzen Interregnum folgte Ulrich Krüger; Stellvertreter wurde Patrick Boos. Die vielen Verdienste, die sich Hubert Teupe um das Schachspiel erworben hat, sind hier bereits dargestellt worden. Sicherlich noch erwähnenswert sind die zahlreichen Vereinsgründungen in Rheinhessen (Alzey usw.), aber auch auf rechtsrheinischem Gebiet. Maßgeblich war er daran beteiligt, den Schachbund Rheinhessen aus der Taufe zu heben und somit den Vereinen aus der Region bessere Spielbedingungen zu schaffen. Die größte Leistung von Hubert Teupe war jedoch trotz allem die Erfindung der Wormser Königsspiele. Dieser Turniermodus (Schnellschach im Schweizer System, alle Partien an einem Tag), ist heute in der ganzen Welt bekannt und beliebt, sein geistiger Vater hat hier wahrlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Folgerichtig wurde Hubert Teupe zum Ehrenvorsitzenden des Wormser Schachvereins und des Schachbundes Rheinhessen ernannt. In beiden Funktionen stand er seinen Nachfolgern noch lange mit Rat und Tat zur Seite.

 

 

25 Spieler und ein Schachcomputer; die Stadtmeisterschaft 1986  (NK 23. 10. 1986)

 

Leider ließen sich die Königsspiele trotz vielfältiger Anstrengungen nicht mehr zu dem großen Schachereignis früherer Tage machen. Der Hauptgrund hierfür ist im inzwischen dicht gedrängten deutschen Schachturnier-Kalender zu sehen. Denn im Gegensatz zu früheren Zeiten waren die Königsspiele nicht mehr das einzige Schnellschach-Turnier, das Ende August im südwestdeutschen Raum stattfand. Auch konnte man mit den Preisfonds manch anderer Veranstaltungen einfach nicht mithalten, ohne sich finanziell zu übernehmen.

 

 

Wormser Königsspiele 1988: Vorne rechts der damalige Deutsche Meister

Bernd Schneider (SG Solingen)                   (Wormser Zeitung 8. 9. 1988)

 

Mitte der 90er Jahre hatte sich der Wormser Schachverein wieder weit gehend konsolidiert: Der Mitgliederschwund war gestoppt, der Generationswechsel im Vorstand in vollem Gange, und auch sportlich ging es schrittweise bergauf. Denn die erste Mannschaft konnte sich bis 1997 wieder in die 2. Rheinland-Pfalz-Liga Süd hocharbeiten, andere WSV-Teams feierten ebenfalls mehrere Aufstiege. Spätestens 1996 kam es zu einem erneuten Machtwechsel, ab diesem Zeitpunkt war der WSV wieder eindeutig Schachverein Nr. 1 in Worms. Nur zwei Jahre später gingen die Lichter bei der ESV-Schachabteilung endgültig aus, und der Großteil der „Übriggebliebenen“ schloss sich dem Wormser Schachverein an. Mit dieser deutlichen Verstärkung für fast alle Mannschaften wurde der Aufwärtstrend noch einmal beschleunigt. Mit Benno Jastroch kehrte auch ein Veteran aus früheren Tagen zurück und übernahm sofort wieder Verantwortung als Mannschaftsführer und Vorstandsmitglied; übrigens wurden gleich vier ehemalige ESV-ler in den Vereinsvorstand berufen.

 

Einer der Hauptgründe für die Probleme im Verein war immer die Suche nach einer dauerhaften Heimstätte gewesen. Hier wurde endlich eine sehr gute Lösung gefunden: Der Gewölbekeller im Hotel Boos stand den Schachfreunden nunmehr für die Spielabende und Mannschaftskämpfe zur Verfügung; die teure Spielstätte beim Deutschen Roten Kreuz konnte also aufgegeben werden. Bis zum heutigen Tage wurde und wird in den „Schachkeller“ viel Zeit und Geld investiert, um den Spielern angenehme Bedingungen zu schaffen. Von vielen Vereinen – gerade aus dem pfälzischen Raum – wird der Wormser Schachverein heute wegen seines Spiellokales beneidet.

 

 

 

Vereinsabend im Hotel Boos, Mitte der 90er Jahre                          Foto: privat

 

1997 übernahm Patrick Boos aus den Händen von Ulrich Krüger das Vereinsruder und wurde im Alter von gerade einmal 24 Jahren jüngster 1. Vorsitzender in der Vereinsgeschichte. Die Verjüngung des Vorstandes (seit 2001: Präsidium) sollte damit bald zum Abschluss kommen.

 

In diesem Jahr – quasi rechtzeitig zum 120-jährigen Bestehen des Vereins – begann auch die Jugendarbeit erstmals reife Früchte zu tragen. In den folgenden Jahren wurden die Spieler Ilja Fragin, Mike Martin, Roland Ollenberger, Patrick Völbel und Pavel Zolotarev zu den dominierenden Kräften ihrer jeweiligen Altersklassen; zunächst auf Rheinhessen-, später dann auch auf Rheinland-Pfalz-Ebene. Diese Erfolge spornten immer mehr Jugendliche an, sich dem Wormser Schachverein anzuschließen. Die Nachwuchsabteilung wurde nach und nach zum Aushängeschild des WSV und ist es bis heute geblieben. Doch spricht man heute nicht mehr nur von Erfolge bei Rheinhessen- oder Rheinland-Pfalz-Meisterschaften. Nein, heute geht es um Deutsche Meisterschaften und WM-Teilnahmen. Anna Endreß ist hier der Name, den es zu nennen gilt. Sie gewann in den Jahren 2003 und 2005 die beiden ersten Deutschen Meistertitel in der langen Geschichte des Wormser Schachvereins.

 

Zu den Feierlichkeiten des Jahres 1998 – der WSV wurde 120 Jahre alt – gab der Deutsche Meister GM Matthias Wahls eine Simultanveranstaltung; ein prominenterer Gast wäre nur schwerlich zu finden gewesen. Das Jahr stand ganz im Zeichen der immer deutlicher werdenden Aufwärtsentwicklung des Wormser Schachvereins auf allen Ebenen. Aus den drei Mannschaften des Jahres 1990 waren bis 2003 deren sieben geworden, davon zwei reine Jugendteams, die in der Bezirksliga Worms antreten.

 

Die gestiegene oder wiedergewonnene Attraktivität des Vereins lässt sich auch auf andere Weise zeigen: Nach Benno Jastroch kehrte 2001 auch der frühere Bundesbahn-Meister und 2. Vorsitzende Lothar Keller zum Wormser Schachverein zurück und ist seitdem eine wichtige Stütze in der ersten oder zweiten Mannschaft. Ein mindestens ebenso erfreuliches Comeback feierte der siebenfache Vereinsmeister Gregor Werner, die Wormser „Schachlegende“ der Siebziger und Achtziger. Bereits in seinem zweiten Turniereinsatz nach jahrelanger Pause gewann Werner das Hauptturnier der Rheinland-Pfalz-Meisterschaften 2003.

 

 

Rheinland-Pfalz-Meisterschaft 2003: Gregor Werner - Steffen Schluchter 1:0

Foto: privat

 

Die Titelkämpfe des Landesverbandes waren einer der Höhepunkte des Jubiläumsjahres 2003. Ganz im Stil der früheren Jahre und Jahrzehnte war der Terminkalender des Wormser Schachvereins prall gefüllt: Einzelmeisterschaften Schachbund Rheinhessen, Einzelmeisterschaften Schachbund Rheinland-Pfalz, Wormser Königsspiele, Mitgliederversammlungen SBRhh und SBRP und zum Abschluss die "Wormser Jubiläumstage" Mitte November. Selbstverständlich gab es zu diesem Anlass wieder eine Simultanveranstaltung, als gewiss standesgemäßer Gast konnte GM Vlastimil Hort gewonnen werden, dessen humorvoller Auftritt allen Anwesenden in lebhafter Erinnerung geblieben ist.

 

Auch sportlich war das Jahr 2003 - nicht nur durch den DM-Titel von Anna Endreß - ein Erfolg, wenngleich die 1. Mannschaft den Aufstieg letztlich um Haaresbreite verpasste. Nach weiteren Enttäuschungen in den beiden nächsten Spielzeiten hat man für die Saison 2006/2007 nun alle Kräfte mobilisiert und strebt mit der sicherlich stärksten WSV-Mannschaft aller Zeiten den Aufstieg in die 1. Rheinland-Pfalz-Liga - und mittelfristig in die Oberliga Südwest - an.

 

Zu DEM Aushängeschild schlechthin hat sich im Wormser Schachverein in den letzten Jahren die Jugendarbeit entwickelt. Maßgeblichen Anteil daran hat das Engagement des Vereins in Sachen Schulschach. Für die Organisation zeichnete im Wesentlichen Schulschachreferent Ludger Sauerborn verantwortlich. Der Schachunterricht wird mittlerweile an nahezu allen Wormser Grundschulen angeboten; die AG´s werden entweder von erfahrenen Trainern, Eltern oder sogar Jugendlichen des Vereins geleitet, die alle in Besitz des Schulschachpatentes sind. Durch die gute Trainingsarbeit an den Schulen ist es gelungen, dem Verein in einer vorher nie gekannten Zahl neue Mitglieder zuzuführen, die den WSV inzwischen zum mitgliederstärksten Schachverein in ganz Rheinland-Pfalz gemacht haben. Die Jugendabteilung rangiert bundesweit sogar unter den Top Ten!

 

In der Saison 2005/2006 ging der WSV mit der stolzen Zahl von 18 (!) Mannschaften in den verschiedenen Spielklassen an den Start. Darunter war zum zweiten Male eine reine Frauenmannschaft, die auch im kommenden Jahr in der Regionalliga Südwest - dritthöchste Spielklasse - antreten wird.

 

 

Der amtierende Deutsche Jugendmeister Julian Geske (Hofheim) bei einer Simultanveranstaltung

anlässlich der 3. Wormser Grundschulmeisterschaften.

 

Der enorme Mitgliederzuwachs erforderte auch eine völlige Neugestaltung des Jugendtrainings im Verein. Entscheidend hierfür war die Anstellung von Thomas Steinkohl, der als hauptamtlicher Schachtrainer von Montag bis Freitag täglich mehrere Jugendgruppen betreut. Dieses Trainingsangebot ist im weiten Umkreis absolut einmalig und garantiert eine optimale Betreuung der Jugendlichen in allen Altersklassen und Leistungsstufen. Als weitere Übungsleiter stehen Vereinspräsident Patrick Boos, Erik Eisenhauer sowie zur neuen Saison Fide-Meister Matjaz Pirs zur Verfügung. Der herausragenden Bedeutung der Jugendlichen innerhalb des Vereins wurde inzwischen auch durch die Schaffung eines eigenen Jugendvorstandes Rechnung getragen, der von Thomas Steinkohl geleitet wird. An dieser Stelle ist es sicherlich auch angemessen, denjenigen zu danken, die durch ihre großzügige und kontinuierliche Unterstützung diese Entwicklung wesentlich ermöglicht haben.

 

Einen Namen hat sich der Wormser Schachverein schon seit langer Zeit als kompetenter und zuverlässiger Turnierausrichter gemacht. Ob Verbandsmeisterschaften, Jugend-Grand-Prix, Schulschachturniere - das eingespielte Helferteam beweist sich jedes Mal aufs Neue und hinterlässt bei allen Teilnehmern einen hervorragenden Eindruck. Dies gilt im besonderen Maße für das Wormser Nibelungenopen, das bei seiner inzwischen dritten Auflage bereits fast 150 Teilnehmer zählte und zu einem echten Zugpferd des WSV avanciert.

 

Mit dem Verweis auf das Wormser Nibelungenopen ist der Schreiber dieser Zeilen am vorläufigen Ende der Chronik angelangt. Rückblickend auf inzwischen 128 Jahre Wormser Schachverein ist die Verwendung des Begriffs "Erfolgsgeschichte" durchaus statthaft. Wie jeder andere Verein hatte auch der WSV so manche Durststrecken und Rückschläge zu verkraften, die aber letztlich alle gemeistert werden konnten.

 

Voraussetzung für jedweden Erfolg war und ist Harmonie. Wie sagte so zutreffend Hubert Teupe: "In einem Verein gibt es drei Arten von Mitgliedern - es gibt Macher, es gibt Mitmacher und es gibt Miesmacher." Dem ist eigentlich nur hinzuzufügen, dass ein Verein zwar sehr gut ohne die letzt- aber keinesfalls ohne die erstgenannten auskommen kann. Gerade in schwierigen Situationen hat sich gezeigt, dass der Wormser Schachverein eine große Familie ist, in der jeder jedem hilft, so gut es geht. Besonders deutlich wurde dies im vergangenen Sommer, als nach einem mehrstündigen Wolkenbruch das Spiellokal kniehoch überschwemmt wurde und innerhalb kürzester Zeit mehr als zwanzig Helfer zur Verfügung standen, um gegen die Wassermassen anzukämpfen. Die anschließenden Renovierungsarbeiten schlugen mit einer hohen vierstelligen Summe zu Buche und erforderten viele Dutzend Arbeitsstunden.

 

In das 129. Jahr seines Bestehens geht der Wormser Schachverein voller Zuversicht. Auf allen Ebenen ist man hervorragend aufgestellt, sei es im kompetenten und routinierten Präsidium, im mit 14 Teams nach wie vor beispielhaften Mannschaftsspielbetrieb, bei den Vereinsturnieren (die letztjährige Vereinsmeisterschaft verzeichnete 34 Teilnehmer; das A-Turnier wurde erstmalig sogar nach ELO ausgewertet), im Schulschach mit einem guten Dutzend AG´s an verschiedenen Schulen, im weiter ausgebauten Trainingsbetrieb innerhalb des Vereins, bei der Ausrichtung von Turnieren aller Art und Größe und in vielen weiteren Bereichen.

 

 

Ein Spielabend im Jahre 2005.                                                 .              Foto: privat

 

Heinrich Kiefer senior schreib im Jahre 1978: "Der Wormser Schachverein kann also getrost in die Zukunft blicken und hoffen, dass die Erfolge in dem nun beginnenden zweiten Jahrhundert fortgesetzt werden."

 

Vor drei Jahren schrieb der Chronist an gleicher Stelle: "Die seit dem vergangenen 25 Jahre haben bewiesen, dass diese Hoffnung alles andere als trügerisch war, sondern sich vielmehr vollkommen bewahrheitet hat. Wir sollten in der Zukunft auch weiterhin alles daran setzen, uns der reichen Tradition des Wormser Schachvereins bewusst zu sein, uns ihrer würdig zu erweisen und die Erfolgsgeschichte "WSV von 1878 e.V." um noch viele Kapitel zu erweitern!"

 

Diese Zeilen mögen in ihrer unveränderten Gültigkeit für sich sprechen, ebenso die Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren.

 

 

Worms, im September 2006

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